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Vorsorgeauftrag: Selbstbestimmung bei Urteilsunfähigkeit

Portrait MLAW, DR. PHIL. TETYANA MILLER Legal Counsel Dr. J. Bollag & Cie. AG

Die Autorin dieses Artikels, MLaw DR. PHIL. Tetyana Miller, ist Legal Counsel bei Dr. J. Bollag & Cie. AG

Die Förderung des Selbstbestimmungsrechts gehört zu den grundlegenden Prinzipien des Erwachsenenschutzrechts. Es gibt Situationen, in welchen man seine eigenen Angelegenheiten nicht mehr regeln kann, insbesondere wenn man wegen eines Unfalls, einer Krankheit oder infolge von einer geistigen Störung urteilsunfähig wird. Für solche Fälle gibt es zwei Instrumente – den Vorsorgeauftrag für die Bereiche Betreuung, Pflege und Finanzen, sowie Patientenverfügung für alle medizinischen Belange.

Gründe für einen rechtzeitigen Vorsorgeauftrag

Wer keinen Vorsorgeauftrag erstellt, kann im Falle einer später eingetretenen Urteilsunfähigkeit fremdbestimmt werden. Falls nötig, wird für die urteilsunfähige Person von der Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft angeordnet und einen Beistand ernannt. Dieser behördlichen Massnahme geht das gesetzliche Vertretungsrecht durch Eheleute oder eingetragene Partner vor. Allerdings umfasst die gesetzliche Vertretung nur die üblichen Rechtsgeschäfte und die ordentliche Einkommens- und Vermögensverwaltung. Für weitergehende Handlungen muss der Ehegatte bzw. Partner eine Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen. Mit einem Vorsorgeauftrag können Sie selbst bestimmen, von wem Sie in persönlichen und finanziellen Angelegenheiten vertreten werden möchten. Es ist auch möglich, die gesetzliche Vertretung flexibler auszugestalten. So können Sie beispielweise Weisungen erteilen, dass der Ehepartner Wertpapiere ohne Zustimmung der Behörde verkaufen darf, oder regeln, dass das die Verwaltung von Vermögen durch den Ehepartner auf ein bestimmtes Bankkonto beschränkt wird.

Inhalt des Vorsorgeauftrags

Der Vorsorgeauftrag ist ein Vertrag. Mit der Annahme des Auftrags verpflichtet sich die beauftragte Person, die Interessen des Auftraggebers zu wahren und ist an seine Weisungen gebunden. Beauftragen kann man sowohl natürliche wie auch juristische Personen. Auch mehrere Personen können aufgeführt sein: der Ehepartner, die Bank, der Treuhänder, Freunde und Verwandte.

Es kann festgelegt werden, wie das Einkommen und das Vermögen des Auftraggebers verwaltet werden soll. Im Bereich Vermögensverwaltung können Sie Anordnungen treffen, wie bestimmte Rechtsgeschäfte auszuführen sind: beispielsweise Schenkungen, Darlehen, Spenden oder das Begleichen von Rechnungen.

Weiter kann man die Fürsorge in persönlichen Angelegenheiten regeln. Diese umfasst u.a. die persönliche Pflege und die allgemeine Gesundheitssorge, wie Entscheide über Spitalaufenthalt oder die Auswahl und Anstellung vom Pflegepersonal.

Im Bereich Rechtsverkehr können Sie bestimmen, wer für Sie gültig Verträge und Verpflichtungen eingehen oder kündigen kann. Die beauftrage Person kann Sie dann bei Amtsstellen, öffentlichen Einrichtungen, Behörden und Versicherern vertreten.

Wichtig ist es, einen oder mehreren Ersatzbeauftragten zu bestimmen für den Fall, dass der Erstbeauftragte das Mandat nicht übernehmen kann oder selbst nicht in der Lage ist, die Aufgaben vertragsgemäss auszuführen. Auch die Höhe der Entschädigung für die beauftragte Person sollte im Vorsorgeauftrag festgelegt werden. Andernfalls wird über den Tarif die Erwachsenenschutzbehörde entscheiden.

Auch auf das Vorhandensein einer Patientenverfügung soll im Vorsorgeauftrag hingewiesen werden. 

Welche Formen sind zulässig

Will man einen Vorsorgeauftrag verfassen, so muss man nicht nur dessen Inhalt beachten, sondern auch die gesetzlichen Formvorschriften. Es genügt nicht, eine vorgefertigte Vorlage auszufüllen, zu datieren und zu unterschreiben. Für die Erstellung eines Vorsorgeauftrags gibt es zwei Möglichkeiten.

Der eigenhändige Vorsorgeauftrag muss vom Auftraggeber vollständig von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet sein. Der Ort und das Datum sind nicht zwingend, aber empfehlenswert, damit das Dokument nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird, insbesondere wenn andere früher verfasste Vorsorgeaufträge bestehen. Eine Beglaubigung durch einen Notar ist nicht zwingend nötig.

Falls der Auftraggeber nicht in der Lage ist, eigenhändig zu schreiben, oder spätere Zweifeln an seiner Urteilsfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung vermeiden möchte, kann er seinen Vorsorgeauftrag auch öffentlich beurkunden lassen.

Der Vorsorgeauftrag muss auch sicher gefunden werden. Die Angehörige und die Beauftragten sollen wissen, dass der Vorsorgeauftrag besteht und wo er aufbewahrt wird. Beim Zivilstandsamt kann der Hinterlegungsort eingetragen werden.  

Tetyana Miller
Legal Counsel

Portrait Christian Blättler Dr. J. Bollag & Cie. AG

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